lied vom brot
euer brot ess ich mit anstand.
aber euer lied sing ich nicht.
denn euer lied schmeckt mir nicht.
es ist mir zu wenig nahrhaft, euer lied.
euer brot bringt mich übern tag.
deshalb nur ess ich euer brot.
und wenn’s ein großes brot ist,
grab ich mich hinein und wohn darin.
aber euer lied, das sing ich nicht.
es reicht schon, dass mein magen mir
jeden tag das alte lied vom brot pfeift.
»krume, krume, krümchen«, pfeift’s.
ich hör es wohl, ich gehorch ihm auch.
aber singen tu ich’s nicht, dies lied.
es ist so gewaltsam, dieses alte lied.
so gewaltsam.
blickfeld
es wächst neuerdings dem kleinen himmel
der dinge nicht mehr zu, selbst dem nicht mehr.
an jeder stelle hat es exakt dieselbe höhe,
da ist der denkdrescher hindurchgegangen.
es ist mein fakirbrett, ich schlaf nun schon
eine weile meine apathie auf ihm aus.
in seinen wurzeln staut sich mein weinwasser,
zerfrisst alle kontraste und details.
kein fokus und keine randzonen mehr,
es ist alles gleich, alles dumpf in dumpf.
und da bricht auch nicht auf einmal irgendwo
ein frisches korn durch die kruste, wie auch?
im grunde ist’s ein großes, graues knochenfeld,
und ich liege drin und faule.
die marsch
der deich, auf dem die
schafe ihre übungen
in gleichmut exerzieren,
gibt den feldern deckung,
derweil die felder
vom fuß des menschen
bis zum fuß des himmels
(er bläut nach oben hin
nuancenweise dunkler)
die weite ausfüllen.
verstreut in der fläche
baumgruppen und höfe,
und auch ein rudel
brummender windräder,
wie es dem großen
menschheitstraum
vom stubenreinwerden
(der wind liegt hier
ständig in den wehen)
fleißig strom liefert.
reimen sich nicht
a endet auf vibe,
b auf sinn,
auf starrsinn endet b,
a auf einen harmonischen sound.
a endet auf hi,
b auf tag,
auf alltag endet b,
a auf die wiederauffrischung des rauschs.
a endet auf stürmisch,
b auf weise,
auf angebliche beweise endet b,
a auf den eigenen bauch.
a endet auf streunen,
b auf leine,
auf lieber wieder alleine endet b,
a ab heute auch.
Aua Gott & Oh Gott Oh Gott
auagottete Aua Gott
aus oh-gott-oh-gott
vor Oh Gott Oh Gott
Oh Gott Oh Gott aua.
ohgottete Oh Gott Oh Gott:
»oh gott, oh gott, oh gott,
auf das aua-gott-schafott
mit Aua Gott!«
woraufhin Aua Gott
Oh Gott Oh Gott
oh-gott-oh-gott-los
k. o. auagottete.
later roboted one robot:
»um, where is our god?«
roboted another robot:
»i forgot it.«
rutschbahn
ich weiß noch den einen winter,
da war ich so sieben oder acht,
der dezember hatte seinen kälte-
schalter gerade umgeklappt,
da speichelten wir kinder
in der großen pause
alle zusammen einen streifen
vom geteerten schulhofboden ein.
da wollte ich mit meiner spucke,
ohne recht zu wissen,
weshalb und zu welchem zweck,
ganz nah an der von ute sein
und hab tatsächlich an ein paar stellen
unsere erkaltenden mundsäfte
(wir sind dann später wie wahn-
sinnige darüber hinweggeschliddert)
zur verschmelzung gebracht.
kein manifest
ganz in der vibration leben.
zugleich, mit allerhand füllmaterial,
ohne irgendein abtrainiertes unvermögen,
diese resonanz kleinfüttern;
und doch sich dem besseren
geschmack beugen, wie eine blume
der wegbleibenden sonne,
während die widerständigeren
überreste eine schmale
wendeltreppe hinaufsteigen,
die ins getünchte vorzimmer
zum chaos führt, und dort,
ganz in der vibration lebend,
warten, bis es einen mit sanftem
druck durch die geschlossene tür zieht.
jaques
an manchen tagen widmet sich jaques
seinem fahrrad und dem seiner frau.
er montiert dann alle einzelteile ab,
um sie mit witz wieder zusammenzubauen.
»will man das fahrrad verstehen«, sagt jaques,
»muss man es von grund auf umüberlegen«,
und seine ratsche macht ratsch,
und seine frau steht freundlich daneben.
schale mit honig
sieh diese schale den honig tragen,
so tragen ihre lippen ihr lächeln:
es ist golden und schmeckt nach
blühenden bäumen.
sieh, wie die rauschenden bäume
dem wandrer, der in lichtungsträumen
zum alten siedler aufsteigt,
mut zufächeln.
sieh den honig die schale füllen,
so füllt ihr lächeln sein herz:
es ist von festem schlag und
duftet nach ankunft.
warten auf den knall
seine ohren sind ihm nach innen
zu den erinnerungen gewachsen:
ein leeres blatt, das sich lichtlos
auf ein leeres blatt kopiert.
auf seinem klavier begleitet er
immerfort die ausdehnung des alls.
nur hier, im näheren umkreis, ist alles
relativ knöchern, v. a. die gelenke.
und von draußen greifen still
die uralten bäume an das fenster,
haben keine kraft mehr, keine zunge,
von dem, was aufzieht, zu berichten.
und dort in der ferne, wo zum
knarzenden wald sie sich verdichten,
fliehen die empfindlicheren tiere bereits,
einzeln oder in rotten, ins ungewisse.